Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebes Praxisteam,
die Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist mit einer geschätzten Prävalenz in Deutschland von 1:500 eine der häufigsten genetischen Störungen. Charakteristisch sind die von Kindheit an deutlich erhöhten LDL-Cholesterin-Werte sowie die frühzeitige Manifestation einer koronaren Herzkrankheit (KHK). Bei homozygoter FH sind bereits in früher Kindheit tödliche Herzinfarkte möglich.
Neben der bereits erwähnten LDL-Cholesterin-Erhöhung (> 190 bis 450 mg/dl bei heterozygoten; > 400 bis 1000 mg/dl und mehr bei homozygoten oder gemischt heterozygoten Formen) fallen in der Patienten- und / oder Familienanamnese vorzeitige Manifestationen der KHK auf (Frauen < 60 Jahre; Männer < 55 Jahre). Bei Kindern ist bereits ab LDL-Cholesterinwerten > 150 mg/dl an eine FH zu denken. Darüber hinaus sind auch sog. tendinöse oder kutane Xanthome (Lipoproteinablagerungen) als Hinweis auf eine FH zu bewerten (1, 2).
Häufiger, aber weniger spezifisch sind Cholesterinablagerungen in Form von Xanthelasmen oder ein Arcus corneae (vor dem 45. Lebensjahr). Auch Arthropathien durch Cholesterinkristalle wurden beschrieben (1).
Bei Nachweis eines über die genannten Grenzwerte erhöhten LDL-Cholesterins in Kombination mit einer positiven Familienanamnese, Xanthomen oder vorzeitiger KHK kann die klinische Diagnose einer FH gestellt werden (siehe Grafik). Der maskierende Effekt einer eventuell bestehenden lipidsenkenden Therapie ist dabei zu berücksichtigen. Bei Bedarf kann ein Punkte-System (Dutch Lipid Clinic Network) zur Diagnostik verwendet werden (s. Tab. 21, Lit. 2).
Gemäß ESC/EAS-Leitlinie (2) wird eine Bestätigung mittels DNA-Analyse empfohlen. Hierfür und zum besonders effektiven Kaskadenscreening (1) werden - je nach Fragestellung und Vorbefunden - die Gene LDL-R, ApoB-100 und PCSK9 untersucht.
Neben Lebensstilmodifikationen sind bei bestätigten FH-Patienten heute Statine die Basis der medikamentösen Therapie - bei unzureichender Wirkung in Kombination mit Ezetimib (2). Durch konsequente Senkung des LDL-C kann das Atherosklerose-Risiko auf das Niveau der Allgemeinbevölkerung abgesenkt werden. Bei besonders schweren Formen stehen auch die neuen PCSK9-Antikörper sowie die Lipidapherese als Therapieoption zur Verfügung.
Anforderung: Mutationssuche Familiäre Hypercholesterinämie
Material: 1x EDTA-Blut
Für die Untersuchung der Gene ist eine Einverständniserklärung gemäß GenDG erforderlich.
Für Fragen zum Thema stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Mit kollegialen Grüßen,
Dr. L. Harder, Prof. W. Höppner & Dr. R. Martin